...und was noch? (Theoretische Bezüge)
Lerncoaching ist Prozessberatung
Lerncoaching versteht sich als Hilfe zur Selbsthilfe und ist eine Form der Prozessberatung. „Man kann einem menschlichen System nur dabei helfen sich selbst zu helfen.“ (Schein 2010a, S. 19).
Lerncoaching ist Beziehungsarbeit
Als Lerncoach ist es unser Ziel eine helfende Beziehung (Schein 2010b) aufzubauen. In seinen „fundamentalen Prinzipien“ (Hattie 2014) beschreibt Hattie Menschlichkeit, Einfühlungsvermögen, Respekt und das Bemühen um das Potenzial der SchülerInnen als Schlüsselfaktoren und bestätigt den positiven Effekt einer guten Lehrer-Schüler-Beziehung auf die Lernleistungen.
Lerncoaching ist systemisch
Linear-kausale Ursache-Wirkung-Zusammenhänge sind wenig hilfreich für die Betrachtung komplexer Zusammenhänge. Systemisches Denken in „Mustern, die verbinden“ (Bateson) hilft (neuro)biologische, psychologische und soziale Phänomene zu verstehen.
Lerncoaching ist ganzheitlich
Lernen ist kein rein kognitiver Prozess. Lernen ist immer verbunden mit Emotionen. Wir lernen nicht nur im prämortalen Kortex vielmehr ist lernen auch ein limbischer und damit auch ein noch weiter reichender körperlicher Prozess. Erst „die Einheit von Körper und Geist ermöglicht neue Schritte.“ (Gendlin 2021, S. 18)
Lerncoaching ist pädagogische Gesprächsführung
Der Schlüssel zu erfolgreichem Lerncoaching ist einen professionelle pädagogische Gesprächsführung.
Pallasch
Lerncoaching ist gelebter, aktueller Humanismus
Die „Werte wie Liebe, Wachstum, Kreativität, Selbstaktualisierung, Spontanität, Humor, Autonomie, Verantwortlichkeit“ (Pallasch 2011, S. 18) sind grundlegend für die pädagogische Arbeit im Dialog des Lerncoachings.
Lerncoaching ist lösungsorientiert
„Die Zukunft ist sowohl etwas Geschaffenes als auch etwas Verhandelbares“. Es geht also darum Handlungsoptionen, Möglichkeiten, Optionen für einen möglichen Lösungsweg zu denken. „Die Lösung hängt [dabei] nicht zwangsläufig mit dem Problem direkt zusammen.“ Indem wir uns vom Problem lösen, lösen wir das Problem. (De Shazer 23-25?)
Lerncoaching ist ressourcenorientiert
Die Ressourcenorientierte Arbeit im Lerncoaching ist Grundlage für die aus ihr folgende Selbstwirksamkeitserfahrung von SchülerInnen und Schülern. Ressourcen – als neurale Erregungsmuster verstanden – helfen den SchülerInnen ihre Absichten umzusetzen. (vgl. Storch & Krause & Weber 2022)
Lerncoaching berücksichtigt den motivationalen Prozess der Schüler
Es geht darum „selbstkongruente Entscheidungen über [eigene] Ziele zu ermöglichen“ (Storch & Krause & Weber 2022, S .233). Hieraus folgt eine intrinsische Motivation, welche die Willensbildung ermöglicht und damit handlungsleitend ist.
Lerncoaching ist haltungsändernd
Im Rahmen von Lerncoachingausbildung gelingt es Lehrpersonen die eigene Haltung zu verändern, „Anteile in sich wiederzuentdecken und weiterzuentwickeln, „die im alten ‚Betriebsmodus‘ verdrängt unterduckt oder abgespalten waren.“ (Hüther & Dohne 2011, S. 40). Sie erleben dies als positive Wirksamkeitserfahrung und als hilfreichen Beitrag zur eigenen Gesundheit.
Lerncoaching ist generativ
„Das Lernen ist um seiner selbst willen lohnend“ (Csikszentmihalyi 2015, S. 14), auch wenn es keine öffentliche Anerkennung bekommt. Wir betrachten „Probleme – wenn ihnen mit positiver und kunstfertiger menschlicher Präsenz begegnet wird – als Eröffnungen zu tiefer Transformation.“ (Gilligan, Generative Trance S. 19)
Lerncoaching fördert Selbstkompetenz
„Der Erfolg schulischer Förderung basiert wesentlich auf der Fähigkeit, sich selbst zu motivieren oder mit Misserfolgen umgehen zu können.“ (Solzbacher 2017) Lerncoaching unterstützt SchülerInnen dabei eben diese Fähigkeiten zu entwickeln.
Lerncoaching ist Begabungsförderung
Eine Begabungsförderung, die hochbegabte einschließt, ohne andere auszuschließen, bedingt umso mehr eine individuelle Förderung, welche sich in der „Personorientierten Begabungsförderung“ besonders zeigt. „Die Person ist nach Weigand (2004) wesentlich durch die Beziehung bestimmt.“ (Hackel 2014, S.154). Die Quelle des Verstehens ist der Dialog.
Lerncoaching unterstützt selbstgesteuertes Lernen
Lerncoaching hilft die Lernverantwortung beim Schüler zu lassen.
Lerncoaching verändert die Kommunikation
Lerncoaching verändert nicht nur die Kommunikation mit den SchülerInnen, sondern auch die Kommunikation mit den Eltern und die Kommunikation im Kollegium. Eine helfende Haltung von Nicht-Wissen, Ressourcenorientierung, Lösungsorientierung ist ein Katalysator für positive Schulentwicklung.
Lerncoaching ist Schulentwicklung
Wird eine relevante Menge an Lehrpersonen zu Lerncoaches ausgebildet und hat dieser Prozess die Rückendeckung der Schulleitung, so können andere Themen wie zum Beispiel Selbstorganisiertes Lernen, Lernarrangements, Neue Autorität und vieles mehr sich wechselseitig positiv beeinflussen.
Lerncoaching verändert die Lernkultur
„Lerncoaching ist […] mehr als eine Methode. Viel mehr. Es ist eine grundsätzlich andere Betrachtungsweise dessen, was in der Schule ‚lernen‘ genannt wird. Und das führt zu einer ganz anderen Rollenverteilung. Zu einer anderen Lernkultur. Zu einer anderen Schule“ (Müller, 2013, S. 7)
Lerncoaching eine Metapher
Lerncoaching ist dem Grunde seines Wortes (Kutsche) folgend eine Metapher für eine Reise in der der Fahrgast das Ziel vorgibt und der Kutscher dieses zu erreichen hilft. Lerncoaching könnte im wörtlichen wir auch im übertragenen Sinne auch für Sie eine Reise sein. Werden Sie Teil dieser – Ihrer – Reise!
Referenztheorien / Literatur / Quellen:
Bateson, G. (1987). Geist und Natur. Eine notwendige Einheit. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag
Csikszentmihalyi, M. (2015). Flow und Kreativität: Wie sie Ihre Grenzen überwinden und das Unmögliche schaffen (2. Auflage). Stuttgart: Klett-Cotta
Genderlin, E. (2021). Focusing: Selbsthilfe bei der Lösung persönlicher Probleme (13. Auflage) . Reinbek: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH
Gilligan, S. (2014). Generative Trance: Das Erleben kreativen Flows, Paderborn: Jungfermann Verlag
Hattie, J. (2015). Lernen sichtbar machen für Lehrpersonen. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hogengehren
Hüther, G. & Kohne, K-D. (2011), Wer sich weiterentwickeln will, kann nicht so weitermachen wie bisher. In Leeb, W. / Trenkle, B. / Weckenmann, M. (Hrsg.), Der Realitätenkellner.
Müller, A. (2013). Eigentlich wäre lernen geil: Wie Schule (auch) sein kann: Alles außer gewöhnlich (2. Auflage). Bern, Schweiz: hep Verlag
Pallasch, W. & Kölln, D. (2011). Pädagogische Gesprächsführung: Lern- und Trainingsprogramm zur Vermittlung pädagogisch-therapeutischer Gesprächs- und Beratungskompetenz. Weinheim und München: Juventa
Schein, E. H. (2010a). Prozessberatung für die Organisation der Zukunft: Der Aufbau einer helfenden Beziehung (3. Auflage). Bergisch Gladbach: Verlag Andreas Kohlhage
Schein, E. H. (2010b). Humble Consulting – die Kunst des vorurteilslosen Beratens. Heidelberg: Carl-Auer Verlag GmbH
Solzbacher, C. (2017). Selbstkompetenz als zentrale Dimension im Bildungsprorzess: Wie Lernen (besser) gelingen kann. In Solzbacher, C. / Buse, M. / Sauerhering, M. (Hrsg.), Selbst – Lernen – Können. Selbstkompetenzförderung in Theorie und Praxis
Storch, M. & Krause, F. & Weber, J. (2022). Selbstmanagement – ressourcenorientiert: Theoretische Grundlagen und Trainingsmanual für die Arbeit mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM®) (7. Auflage). Bern, Schweiz: Hogrefe
Weigand, G. (2004). Schule der Peron. Zur anthropologischen Grundlegung einer Theorie der Schule. Würzburg: Ergon
Hackel, A. (2014). Didaktische Prinzipien der Personorientierung. In Weigand, G. / Hackl, A. / Müller-Oppliger, V. / Schmid, G. Personorientierte Begabungsförderung
(Referenztheorien: Bucci: Multiple Code Theory, Kuhl: PSI-Theorie)